Jeder achte Deutsche war 2004 arm, teilt uns das Stastistische Bundesamt mit, und seither sind es eher mehr als weniger geworden. Die Politik reagiert wie immer hilflos und schiebt die Lösung des Problems in die Zukunft. Bildung sei von Nöten, lernen, lernen und nochmals lernen, hören wir, dann würde schon alles gut. Nun ist Bildung sicher immer nützlich, aber vor Armut schützt sie nicht. Oder können alle Hochschulabsolventen nach dem Diplom mit einer Stelle rechnen, die ihnen ein auskömmliches Leben ermöglicht? Fristen nicht Tausende als schlecht oder gar nicht bezahlte Praktikanten ein eher kümmerliches Dasein? Und ist man – wenn mit einem ordentlichen Schulzeugnis oder gar dem Diplom in der Tasche beschäftigt – dagegen gefeit, arbeitslos zu werden? Warum fürchten auch gebildete Zeitgenossen, die sich längst zur Mittelschicht zählten, die Entlassung und – dank Hartz IV – den schnellen Absturz ins Armutsrisiko?
Mit der Verheißung, Bildung rette vor sozialem Abstieg, wird nur eine neue Lebenslüge formuliert – um davon abzulenken, dass es immer noch die materiellen Eigentumsverhältnisse sind, die die soziale Stellung bestimmen. Geistiges Eigentum rechnet sich da für den Einzelnen kaum, denn es kann immer billiger eingekauft werden, je mehr es davon gibt. Insofern sind die Hoffnungen, die Politiker mit dem Ruf nach Bildung wecken wollen, nicht mehr, als auf den Nikolaus warten. Aber der kann, wie heute zu beobachten war, auch nicht mehr bringen als vielleicht eine kleine Aufmerksamkeit.