Vielleicht ist ja am amerikanischen Debakel in Irak die Sowjetunion schuld. Indem sie Anfang der 90er Jahre kollabierte und samt ihrem sozialistischen Weltsystem auseinander brach, ließ sie auf dem Kampffeld die USA als einzige Supermacht zurück. Die konnte sich als Sieger fühlen und – als Anbeter gewaltsamer Lösungen – verdrängen, dass der Erfolg keineswegs militärisch errungen wurde, sondern durch weitgehend friedliche Umwälzungen, an denen die Vereinigten Staaten allerdings nur untergeordnet beteiligt waren. Das erleichterte ihnen offensichtlich, die Schmach in Vietnam zu verdrängen, zumal dieses damals kommunistisch regierte Land heute auch auf einem eher kapitalistischen Weg ist. In solcher Stimmungslage des totalen Sieges auf der Weltbühne bedurfte es nur noch eines ausreichend demagogischen Politikers, der diese Entwicklung auf amerikanische Fahnen schreibt und sein Volk damit zur Arroganz gegenüber der verbliebenen Welt erzieht.
George W. Bush ist das gelungen – verbunden mit dem Sendungsbewusstsein, nun endgültig den Eridball nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, dabei aber auch den eigenen Vorteil nicht zu vergessen. An dieser selbst auferlegten Mission hält er fest – wie andere selbst ernannte Weltbeherrscher vor ihm. Wie seine völlige Ignoranz gegenüber der realen Entwicklung in Irak zeigt, will er sein Ziel nicht aufgeben; als Weg dahin sieht er nur die weitere Eskalation. Im Land selbst soll sie mit mehr als 20 000 weiteren Soldaten vollzogen werden, in der Region durch eine wachsende Aggressivität gegen jene Länder, die sich nicht als botmäßig erweisen – vor allem Iran und Syrien.
Ein solcher Kurs kann nur in die vollkommene Katastrophe führen, doch bis dahin sind noch Tausende Opfer zu befürchten. Schon bald wird die Zahl der toten amerikanischen Soldaten jene mehr als 3000 der Anschläge vom 11. September 2001 übertroffen haben; es sind Opfer Bushs – wie die Tausenden toten Zivilisten in Irak, Afghanistan, jüngst in Somalia und anderswo.
Siehe auch:
Holger Schmale: Reden an die Nation (Berliner Zeitung vom 11.01.2007)