Wenn es in der Gesellschaft irgendetwas zu verändern gibt, denkt die Politik zuerst an den kleinen Mann. Er ist immer schuld an Fehlentwicklungen und muss daher auch als erster zur Änderung seines Verhaltens aufgerufen oder – noch besser – als erster zur Kasse gebeten werden. Das gilt auch gegenwärtig beim Kampf gegen die Klimakatastrophe. Dazu tragen zum Beispiel ganz wesentlich die Flugreisen bei, was ohne Zweifel stimmt, aber die erste Schlussfolgerung, die man zieht, ist jene, die Bürger zu weniger Urlaubsreisen aufzurufen oder, wenn sie schon unbedingt reisen müssen, von ihnen eine Abgabe für den Klimaschutz zu verlangen – zunächst noch freiwillig, aber das wird sich schnell ändern.Tatsächlich hat der Luftverkehr in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Passagierzahlen stiegen allein bei den deutschen Unternehmen von 42 Millionen im Jahre 1985 auf 165,5 Millionen 20 Jahre später – eine Vervierfachung. Doch wer spricht über die Luftfracht? Sie stieg kaum weniger schnell. Lag sie 1985 bei einer Million Tonnen, so erreichte sie 2005 drei Millionen Tonnen – und ihr Zuwachs ist in den letzten Jahren stets erheblich gewesen (2004 zu 2003: 14,2 Prozent;, 2005 zu 2004: 9,1 Prozent; 2006 zu 2005: 10 Prozent bei Einladungen, 8,5 Prozent bei Ausladungen). Die Gründe liegen auf der Hand: Wenn immer mehr deutsche Firmen ihre Produktion in entfernte Länder verlegen, um von den dortigen niedrigen Löhnen zu profitieren, erhöht sich natürlich der Verkehr nach und von dort. So entwickelte sich im letzten Jahr der Frachtverkehr mit China, in das derzeit besonders gern Produktionskapazitäten ausgelagert werden, besonders schnell (Zuwachs der Luftfracht nach China 24,7 Prozent, der Lieferungen von dort 22,7 Prozent) – mit den verheerenden Folgen für die Umwelt. Die viel gepriesene Globalisierung ist eben auch einer der größten Klimakiller.
Man könnte dem durchaus entgegensteuern, zum Beispiel dadurch, dass auf Flugbenzin Steuern erhoben werden. Das träfe zwar auch den Urlaubsreisenden, viel mehr aber die jettenden Unternehmen, die bei hohen Transportkosten vielleicht nicht mehr so schnell Arbeitsplätze in ferne Länder verlegen würden, was zugleich die Umwelt schonte. Doch Umweltminister Gabriel, der das angeblich auch befürwortet, winkt sofort ab und weicht auf einen Nebenschauplatz aus: »Allerdings sehe ich derzeit weder im Bundestag noch auf europäischer Ebene die politischen Mehrheiten, die nötig wären, die Steuerfreiheit des Flugbenzins abzuschaffen. Deshalb setze ich zunächst auf die Bestrebungen innerhalb der EU, den Flugverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen und damit in die finanzielle Verantwortung für die von ihm verursachten Klimaschäden zu nehmen.« Er müsste sich ja mit mächtigen Lobbygruppen anlegen, und da verlässt ihn der Mut. Es ist eben allemal leichter für den Sozialdemokraten, auch in dieser Frage erst einmal die kleinen Leute in die Pflicht zu nehmen und die Großkonzerne ungeschoren zu lassen.
Wie kommt es eigentlich dazu, dass das schöne Flugbenzin Steuerfreiheit genießen darf?
Es zeugt wirklich von konsequenter Klimapolitik, dass die Flugzeuge da oben herumfliegen dürfen wie sie wollen, dass man bereits seit Anfang der 90er über ein internationales Abkommen verhandelt und dem Klimawandel trotzdem immer stärker hinterherhinkt und andererseits sich an einem Polarjahr beteiligt und stark betroffen das Abschmelzen der Eisdecke betrauert.
Der Hinweis auf den Warentransport duch die Luft ist interessant!