»Weicheier«, »Warmduscher«, »Sitzpinkler« – das alles sagt Gunnar Hinck zwar nicht, aber vieles klingt, als ob er es so meinte. Der 34-jährige Journalist aus dem Westen, den es zu ostdeutschen Zeitungen trieb, um hier Berufserfahrung zu erwerben, beschäftigt sich auf 214 Seiten mit den »Eliten in Ostdeutschland« im Allgemeinen und »Warum den Managern der Aufbruch nicht gelingt« im Besonderen. Er lässt kaum ein gutes Haar an den ostdeutschen Führungskräften. »Es ist eine stille, kaum vernehmbare Elite. Sie ist ohne eigene Sprache. Sie marginalisiert sich selbst und damit den Osten insgesamt. Sie kann keine Orientierung geben, weil sie selbst ohne Orientierung ist. Sie beschränkt sich darauf, die Gegenwart zu verwalten«, heißt es schon auf Seite 10, und damit ist der Tenor des Buches vorgegeben. So falsch ist die Diagnose zwar nicht, aber zu den tieferen Ursachen stößt Hinck nur sehr unzulänglich vor, obwohl seine 14 Gesprächspartner aus den fünf neuen Bundesländern genügend Material boten, um den Kern der Fehlentwicklung in der Ex-DDR frei zu legen.
So zum Beispiel Wolfgang Böhmer, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Der illusionslose Pragmatismus des unpolitischen DDR-Arztes, der nach 70 Lebensjahren bekennt: »Wir wissen besser, was nicht geht, als das, was geht.« (S. 107), löst beim Autor kein tieferes Nachdenken aus, sondern nur naseweise Ratschläge, was seines Amtes wäre. Böhmer hat als Junge den Zusammenbruch des Nazireiches erlebt und als erfolgreicher Mediziner das Ende der DDR. Er misstraut neuer Macht und neuen Mächtigen – und das vor allem deshalb, weil er schnell spürte, wie wenig er in den Zwängen des neuen Systems selbst in seiner Position ausrichten kann. Hinck hinterfragt die tiefe Resignation nicht, die aus Böhmers Klage »Manchmal würde ich das Überzeugen gern besser können.« (S. 112) spricht. Nicht weil Böhmer intellektuell dazu nicht in der Lage wäre, kann er nicht überzeugen, sondern weil er zutiefst an der Sache zweifelt, von der er überzeugen soll. In seinem Amt kann er das nicht sagen; er vermittelt es durch den Rückzug auf die kleinen Fortschritte für die Bürger: Straßenlaternen und Fußwege in den Dörfern, Umgehungsstraßen, Fahrradwege, Elbuferpromenaden … Für Hinck rausgeschmissenes Geld.
Ähnlich, nur weniger resigniert, sondern mit seinen 48 Jahren noch auf dem Wege, alle Möglichkeiten für sein Land zu denken und vieles umtriebig auf den Weg zu bringen, der Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, Till Backhaus. Auch er weiß besser, was nicht geht als das, was geht, schweigt aber darüber und versucht, doch manches »gehend« zu machen. Er hat dafür viel vom Westen gelernt, von dessen Rastlosigkeit und hohlem Optimismus, wohinter sich oft wenig Substanz verbirgt. Hinck lastet Backhaus die Übernahme solch aufgesetzter Betriebsamkeit an und vergisst dabei, wo sie herkommt. Oder der Vorstandsvorsitzende des Gaskonzerns VNG in Leipzig, Klaus-Ewald Holst, der werden will wie ein Westmanager und auf diesem Weg schon ein gutes Stück zurückgelegt hat, ohne wohl – er ist bereits 64 – an sein Ende zu kommen. Nachdem sich der DDR-Bergbauingenieur mühsam in der Marktwirtschaft behauptete, drängt es ihn, »noch die Kür des Managertums zu erleben jenseits des bloßen Kämpfens für das Unternehmen – etwas, das in einem anderen, umfassenderen Sinne mit der Gesellschaft zu tun hat, in der er wirtschaftet« (S. 171). Ein ziemlich armseliges Lebensziel, das aber Hinck nicht in Frage stellt – passt es doch in die Welt, die auch ihn formte.Wie auch der Rückzug des mehrfach desillusionierten DDR-Aufsteigers aus kleinbürgerlichen Verhältnissen in die Prägungen der Kindheit und eine weitgehende politische Indifferenz, die der Journalist Hans Eggert vorführt. Er, im Sozialismus vielfältig benutzt und fremden Interessen dienend, die er mühsam zu seinen eigenen zu erklären versuchte, erlebte nach der Wende die Neuauflage solcher Aufgabenzuweisung, durch deren Annahme er zwar der Seinesgleichen drohenden Ausgrenzung entgehen, jedoch auch jetzt nie mehr als das berühmte Rädchen im System werden konnte.Während es Eggert vermeidet, sich dieser Rolle bewusst zu werden, reflektieren andere ostdeutsche Führungsfiguren dies durchaus – so die einstige 2. SED-Kreissekretärin und heutige Parlamentarische Geschäftsführerin einer PDS-Landtagsfraktion, Gabriele Mestan. Sie hat ihre Prinzipien, ihre Weltanschauung in der zweiten Parteikarriere behalten, auch wenn sie heute manches differenzierter sieht als zu DDR-Zeiten. Sie weiß, dass sie auf dieser Basis ganz ähnlich funktioniert wie früher; sie tut ihre Pflicht und schluckt dabei manch eklige Kröte. Noch deutlicher wird das beim früheren FDGB-Sekretariatsmitglied, der heutigen Linkspartei-Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg, Christina Emmrich, die ihre tiefe Distanz zu dieser Bundesrepublik, die sie gern wie zu DDR-Zeiten BRD nennen würde und deren Fahne sie am Nationalfeiertag nur mit Unbehagen am Rathaus aufziehen lässt , nicht überwinden kann und will, aber mit dem, was sie in der DDR gelernt hat, doch versucht, wenigstens etwas für die vielen entwurzelten und verunsicherten Betroffenen des Systemwechsels zu tun. »Man hatte eine ordentliche Ausbildung, man hatte ordentlich gearbeitet, und man macht es jetzt halt auch, sicher unter anderen Vorzeichen.« (S. 142)
Die Skepsis, die Distanz originär ostdeutscher Führungskräfte, ganz gleich, aus welchem politischen Lager, resultiert wohl aus ihrer Kenntnis eines anderen als des bundesrepublikanischen Systems und der Erfahrung, dass es in der DDR durchaus Bereiche gab, die sich besser entwickelten als gleiche oder ähnliche im Westen, von denen man also ohne Zweifel lernen konnte. Aber nicht lernen sollte, nicht lernen durfte, denn da waren die überkommenen westlichen Strukturen und ideologische Scheuklappen vor. Gunnar Hinck präsentiert auch fünf Elitäre, die aus dem Westen kamen und im Osten Karriere machten, zum Teil allein deswegen, weil ihnen eine solche Karriere im Westen versagt geblieben war. Es sind Leute, die sich nicht ändern wollten und tatsächlich auch kaum geändert haben. Ihre angelernten Gewissheiten übertrugen sie 1 zu 1 auf den Osten, auch dort, wo das schief ging, bis zum letzten Buchstaben. Denn sie hatten dafür zwar nicht die besseren Argumente, aber den erforderlichen materiellen und institutionellen Unterbau.
So krempelt der reinem Profitdenken verhaftete Manager Alexander von Witzleben, der eine altehrwürdige Optikfirma ebenso wie eine schnell aus dem Boden gestampfte Schuhfabrik auf Gewinnkurs zu bringen versteht, Carl Zeiss Jena gegenwärtig zu einem Unternehmen um, das bar aller Traditionen nur noch einem verpflichtet ist: »Meine Aufgabe ist es , Geld zu verdienen. Punkt, Ganz einfach.« (S. 74) Noch darüber hinaus geht in seiner Abgehobenheit als global player der Chef der in Dresden produzierenden Tochter des kalifornischen Chipherstellers AMD, Hans Deppe. Hinck findet für dieses Unternehmen das stimmige Bild eines autonom agierenden Raumschiffs, das sich um seine Umgebung nicht kümmert. Und ebenso interessiert sich Deppe, obgleich von städtischen Honoratioren vielfältig umworben, nicht im geringsten für das konkrete Umfeld seiner amerikanisch geprägten Firma. »Für Deppe«, schreibt Hinck, »ist das Verhältnis zu Dresden und Sachsen … rein funktional: Die Arbeitsbedingungen seines Unternehmens in Sachsen sind optimal. Allein das ist entscheidend.« (S. 131)
Der ehemalige »Bild«-Zeitungsjournalist Wolfgang Kenntemich betrachtet das Sendegebiet des MDR-Fernsehens, für das er als Chefredakteur jetzt die Welt erklärt, durch die Brille seiner weitgehend ungebrochenen stockkonservativen Vorurteile über die DDR, ihre Staatlichkeit, ihre Akteure. Er räumt ein, dass er in mancher Hinsicht umdenken musste, seit er im Osten arbeitet, doch presst er die neuen Erfahrungen sofort in sein altes Weltbild, deutet die DDR-Geschichte so um, dass sie mit seinen lieb gewordenen Anschauungen nicht kollidiert. Ähnlich abgehoben von der Bevölkerung ihrer neuen »Wahlheimat« ist Iris Goerke-Berzau, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Naumburg. Sie kam aus dem tief konservativen Oldenburg und lebt hierzulande in einer Art Parallelgesellschaft. Beruflich vermittelt sie das bundesdeutsche Rechtssystem an ihre Neubürger und versucht dabei durchaus um Verständnis für dessen Regeln zu werben, ohne sie freilich dort, wo sie sich mit der Realität reiben, zu hinterfragen. Privat aber zieht sie sich in eine eigene Welt zurück, hält ihre Kinder weitgehend von der ihr noch immer unheimlichen ostdeutschen Wirklichkeit fern – sie wurden von Tagesmüttern betreut, besuchten einen evangelischen Kindergarten und wechselten nach der Grundschule auf eine christliche Privatschule, um das Abitur zu machen. »Ich habe meine Kinder … immer nach westlichen Maßstäben erzogen« (S. 188), sagt sie; der Osten, mit dem sie vereinigt wurde, macht ihr offenbar Angst.
Besonders entlarvend ist der kurze Beitrag über den thüringischen Innenminister Karl-Heinz Gasser, der seinen Lebensmittelpunkt in Hessen behalten hat und im östlichen Nachbarbezirk nur eine Art von abstraktem Beamtenjob erledigt, ohne sich für das Land, seine Geschichte, seine Traditionen und aktuellen Probleme tatsächlich zu interessieren. Umstandslos überträgt er eine antikommunistische Prägung, die ihn in den 70er Jahren als Jurist gegen linke Studenten und die oppositionellen Grünen vorgehen ließ, nun auf die größte Thüringer Oppositionspartei PDS, während ihn der sich auch in Thüringen schnell ausbreitende Rechtsextremismus, der ihn offenbar schon in der alten Bundesrepublik nicht störte, kaum aufregt.
Hinck kritisiert durchaus diese drittrangige westdeutsche »Elite«, die den Osten vorwiegend als unverhofftes Karrieresprungbrett betrachtete und mehr schlecht als recht ihre Arbeit tat und oft noch tut. Trotzdem ist unübersehbar, dass er die Erfahrungen des Westens als Modell auch für Ostdeutschland betrachtet. Er macht oft den verächtlich, der damit seine Schwierigkeiten hat. Und er blendet fast völlig aus, dass jene, die mit eigenem Kopf etwas zu erreichen versuchten und nicht auf den von jenseits von Elbe und Weser importierten Kurs einschwenkten, sofort und gnadenlos ausgegrenzt wurden. Das musste ein Lothar de Maizière ebenso erleben wie ein Manfred Stolpe, von einem Gregor Gysi und seinen Mitkämpfern ganz zu schweigen. Noch heute muss sich ein PDS-Landtagsabgeordneter wie der Chemnitzer Klaus Bartl, der den Untersuchungsausschuss zu Korruption und Amtsmissbrauch in Sachsen leiten soll, vom CDU-Fraktionsvorsitzenden vorhalten lassen. »Ich halte es für einen Treppenwitz der Geschichte, dass sich ehemalige SED-Kader und Stasileute 17 Jahre nach der friedlichen Revolution aufschwingen, eine demokratisch gewählte Regierung mit den übelsten Verdächtigungen zu überziehen.«
Niemand im Westen erwartete von den Ostdeutschen Visionen, sondern allein Anpassung. Kaum einer aus dem Westen brachte Visionen mit, sondern nur jene neue Art von geschmeidiger Einfügung in das System und seine versteckten, aber unmissverständlichen Erwartungen, die gern als Sachzwänge bezeichnet werden. Exemplarisch für jemanden, der diesen Weg klaglos geht, ist Christine Lieberknecht, eine einst unbedeutende Pastorin einer kleinen thüringischen Gemeinde, die – wie viele evangelische Pfarrer in der Nachwendezeit – schnell aufstieg, jedoch im Unterschied zu den meisten von ihnen, die die Politik bald wieder desillusioniert verließen oder an ihren Anforderungen scheiterten, oben blieb – vielleicht gerade deshalb, weil sie das eigentlich gar nicht wollte. Sie besetzte mehrere Ministerressots in Thüringen, wurde Landtagspräsidentin und führt jetzt die regierende CDU-Landtagsfraktion. Sie dient dem jeweiligen Landesherrn, wie sie es einst bezüglich eines noch höheren Herrn lernte, ohne persönlichen Ehrgeiz, ohne Aufstiegspläne. Stattdessen fühlt sie sich als konzeptionelle Instanz für das aus ihrer Sicht erforderliche Umdenken der ehemaligen DDR-Bürger, als – wie Hinck schreibt – »die Politikerin für den geistig-ideologischen Überbau von Landesregierung, Fraktion und Partei« (S. 175). In dieser Funktion singt sie den Wert der Freiheit gegenüber Gleichheit und Gerechtigkeit, eine Haltung, »die man bundesweit von Wirtschaftsliberalen wie Reinhard Miegel, Guido Westerwelle oder Hans-Olaf Henkel kennt und von der früheren Angela Merkel einmal kannte.« (ebenda). Eigentlich eine Position, die dem Autor zusagen müsste, aber selbst er findet, dass für den einfachen Thüringer mit seinen existentiellen Problemen ihre »Forderungen nach Mündigkeit und Eigenverantwortung wohlmeinend, aber abstrakt« (S. 179) klingen. Zudem habe Christine Lieberknecht nie die Umsetzung ihrer Ideen interessiert; ihr genüge es, darüber zu reden.
Vielleicht nicht darin, aber in vielem anderen ähnelt der Thüringer Ex-Pastorin der Brandenburger Ex-Ökologe Matthias Platzeck. Auch er ein einstiger Bürgerrechtler, der sich in kleinen Schritten auf das herrschende System zubewegt hat, bis es ihn gänzlich schluckte. Dabei überwand er die offensichtliche Diskrepanz zwischen den eigenen illusorischen Idealen und der Wirklichkeit mittels einer eifrigen Suche nach »Verbesserungen«, »Optimierungen«, der Entwicklung eines »menschlichen Antlitzes« dieser Gesellschaft, ohne sie je in Frage zu stellen. Platzeck ähnelt mit dieser Strategie den vielen SED-Mitgliedern, die auch stets darauf hofften, die Schattenseiten des Sozialismus überwinden, ihm ein anziehendes Gesicht verleihen zu können. Gleichwohl empfindet Hinck für Platzeck die größten Sympathien und sieht ihm nach, was er anderen vorwirft. Während er Pragmatismus im allgemeinen mit Skepsis begegnet, ließen sich doch damit »auch schlechte, gar fürchterliche Dinge anrichten« (S. 39), lobt er ihn beim brandenburgischen Ministerpräsidenten ausdrücklich. »Das Beste aus dem Vorhandenen machen, Realitäten anerkennen, ›nicht nach den Sternen greifen‹« – das sei Platzecks politische Richtschnur, womit Hinck ein Loblied auf die Anpassung singt, die er ansonsten schonungslos geißelt.
Bei Platzeck hat er damit zweifellos Recht, ist er doch geradezu der Prototyp jenes Politikers, die zum Beispiel nach der Wende dem Gigantismus westlicher Ratgeber erlagen und überdimensionierte Kläranlagen in die Landschaft bauen ließen, an deren finanziellen Folgen die einst ganz undemokratisch Beglückten oft bis heute zu tragen haben. Wäre ihm das noch nachzusehen, so schon weniger, wenn er jetzt – zwar verschämt, aber doch deutlich, wie erst unlängst bei der Vorstellung eines Buches, in dem er gemeinsam mit den designierten SPD-Vizes Steinmeier und Steinbrück zur Verteidigung der Schröderschen »Agenda 2010« aufrief – die Melodie des Neoliberalismus pfeift und dem Bürger statt materiellen Wohlstandes »Lebensreichtum« durch gemeinsames Tun in Vereinen« schmackhaft machen will (S. 67). Vielleicht ungewollt, aber denn doch sehr aufschlussreich belegt Hinck mit einem treffenden Beispiel, wie Platzeck statt eines erträglichen Seins den so schönen wie inhaltlosen Schein propagiert: »Am Anfang seiner Amtszeit, 2002 und 2003, ging er rhetorisch forsch voran und zeichnete die Vision des ›modernen Brandenburgs‹ und pries mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiative. Man sei damals über das Ziel hinausgeschossen, weil die Begriffe Ängste ausgelöst hätten. ›Deswegen haben wir den Begriff modern zurückgefahren‹, sagt er. Als Reaktion haben er und sein Stab die Formel ›Erneuerung aus eigener Kraft‹ eingeführt und auch Begriffe wie Heimat und Herkunft.« (S. 71) Das alles klingt ein wenig nach Frankreichs Königin Marie-Antoinette, die dem Volke auch empfahl, doch Kuchen zu essen, wenn es kein Brot habe.
Gunnar Hinck hat in einem quasi enthaupteten Land nach guten Köpfen gesucht. Er konnte sie nicht finden, und eigentlich weiß er auch warum. Er hat es auf Seite 205 geschrieben. »Es mag eine banale Erkenntnis sein, aber Eliten sind immer auch der Spiegel der Gesellschaft und ihres Zustandes.« Diese allgemeine Erkenntnis an seinen 14 Beispielen konkret und schonungslos durchzubuchstabieren, war ihm aber wohl doch zu riskant.
(Wer solch Text lieber auf gutem altem Papier lesen mag, findet ihn – auszugsweise – auch im Blättchen, Heft 20 vom 01.10.2007.)
Mir sind die Tränen gekommen. Die armen ost-deutschen Landsleute! Immer wollten sie nur das Allerbeste, waren die Repräsentanten der „Gebildeten Nation“, kämpften für den „Sieg des Sozialismus“ mit der Sowjetunion an der Spitze – und dann das schmähliche Ende. Da muss der Rezensent als ehemaliger Parteifunktionär mal deutlich sagen, wo der sozialistische Hammer hängt. Beruhigend, dass ausser seinen Genossen von der Partei der Stasispitzel (PDS) den ernstgemeinten Unsinn kaum einer lesen wird.
Als Leser des Buches „Eliten in Ostdeutschland“ von Gunnar Hinck möchte ich sagen: Es tut mir sehr, sehr leid, WIE die 14 Personen zu „Beschreibungsobjekten“ eines derart schlechten, flachen Buches wurden, in dem der Autor größte inhaltliche Schwächen und handwerkliche Unzulänglichkeiten mit mangelndem Verständnis gepaart hat.
Er vermischt eigene Gedanken mit den Porträtierten, zitiert falsch und hat ganz eindeutig keinerlei Ahnung von und Interesse an Ostdeutschland. Unfassbar, wie man ein Publizistikstudium so schaffen kann. Wahnsinn.
Aber vielleicht landen eben wirklich nur die allerbesten als Volontär (!) bei der Märkischen Zeitung von Frankfurt/Oder.
Es liest sich wirklich wie das besserwisserische, oberflächliche Getue und Eingemische eines kleinstädtischen naiven Bengels, dessen existentiellste Entscheidung es im Niedersachsen der 80er war, sich zwischen Hanuta und Knoppers zu entscheiden.
Gern würde ich selbst einen offenen Brief schreiben, aber es ist die Sache nicht in dem Aufwand wert.
Sie haben ihm schön die Meinung gesagt zu diesem unglaublich furchtbaren „Buch“.
Man kann es absolut nicht ernstnehmen, noch viel weniger als Wolfgang Herles´ „Wir sind kein Volk“, aber leider ist Hincks Buch gegenüber den Porträtierten derart schlecht, oberflächlich, sprunghaft und beleidigend, dass man sich immerhin auch öffentlich ärgen sollen darf.
Wäre ich Wolfgang Böhmer oder Till Backhaus, hätte ich ihn sofort verklagt, derart suggestiv plump auf SuperIllu-Niveau in meinem Innenleben zu buddeln.
Also. Besten Gruß und alles Gute für Sie. Weiter so!
Carsten Schmidt