Dass die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) trotz immer neuer, oft kurzfristig angekündigter und viele treffender Streiks noch immer auf Zustimmung bei der Mehrheit der Bevölkerung stößt, verrät eindringlich, wie sehr eine Mehrheit der Bürger den Kampf der kleinen Gewerkschaft gegen das Diktat eines großen Konzerns, der nun dafür sogar den Staat um Hilfe anfleht, auch als ihre Sache betrachtet. Denn bei den streiks der Lokführer geht es eben nicht, wie manche der Mehrdorns-Anhänger in Wirtschaft, Medien und Politik – einschließlich des zwar der SPD angehörenden, aber für gewerkschaftlichen Kampf keinerlei Verständnis aufbringenden Verkehrsministers Tiefensee – glauben machen wollen, um ein paar durchgeknallte GdL-Funktionäre, die die gesamte Wirtschaft lahm zu legen beabsichtigen, sondern um ein kleines Trüppchen konsequenter Arbeitnehmervertreter, die für deren gemeinsame Anliegen eintreten und damit auch den mutlos oder bequem gewordenen Großgewerkschaften zeigen, dass das Heil nicht in versöhnlerischen Kompromissen mit dem Kapital liegt, sondern allein in der scharfen Auseinandersetzung mit jeglicher unsozialen Politik.
Dabei hat die GdL schon einiges erreicht. Sie erstritt ein – ihr nicht ausreichendes – Angebot der Deutschern Bahn AG, das weitaus besser als der von den größeren Bahn-Gewerkschaften ausgehandelte Tarifvertrag ist. Sie kämpfte in den Gerichtssälen gegen die vom Bahnkonzern angestrebte Einschränkung des Streikrechts, die dieser nun über gesetzliche Regelungen, zu denen er die Bundeskanzlerin aufforderte durchsetzen will. Sie zeigte vor allem, dass eine selbst kleine Gewerkschaft gegen einen Konzernmulti nicht chancenlos ist, wenn sie sich auf ihre Kraft besinnt. Und ganz nebenbei legte sie noch eine von den Unternehmen selbst verursachte Achillesferse bloß, indem sie klar stellte, dass die in den letzten Jahre intensiv betriebene Produktionsverlagerung ins billigere Ausland nun auf sie selbst zurückfällt, weil plötzlich der Transport stockt. Globalisierung, die meist – wie auch hier – mit Nachteilen für die Beschäftigten ist, kann auch Risiken für die Wirtschaft bergen, sofern die Gewerkschaften sich daraus ergebende Möglichkeiten in ihrem Sinne nutzen.
Auf diese Weise ist die GdL – ungeachtet auch egoistischer Motive in ihrem Vorgehen – objektiv zu einem Vorkämpfer für Gewerkschaftsrechte geworden, gibt sie ein Beispiel dafür, wie der bislang beinahe ungezügelte Vormarsch der Neoliberalen vielleicht nicht gänzlich aufgehalten, aber doch gebremst werden kann. Daher verdient sie nicht nur unser aller Solidarität, sondern auch, dass die Gewerkschaftsbewegung in Gänze daraus Lehren zieht und ihre Kampfformen den neuen Bedingungen anpasst. Und zwar ebenso entschlossen und gegebenenfalls rücksichtslos, wie das die Wirtschaftsbosse ständig vorexerzieren.
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