Eigentlich sollten Volksvertreter nicht nur aus dem Volke kommen, sondern mit diesem auch dann weiter eng verbunden bleiben, wenn sie das Amt, das ja vielleicht auch ein Ehrenamt ist, ausüben. Doch viele unserer Abgeordneten streben nach der Volksvertretung, um nicht nur dem Volke, sondern auch sich selbst zu nützen, manche sogar vor allem um Letzterem willen. Das ist besonders dann zu erkennen, wenn die Abgeordneten wieder einmal meinen, sie bekämen zu wenig Geld und – da sie anders alle fast alle anderen Bürger über ihre Bezüge selbst entscheiden – sich einen erklecklichen Zuschlag genehmigen.
Auf den absehbaren Protest aus dem Volke, dem sich seine Vertreter eigentlich verpflichtet fühlen sollten, kommt dann schnell das Argument, Abgeordnete sollten die Besten sein – und die bekäme man nun einmal nicht für eine niedrige Bezahlung. Schon dieses Argument zeigt, wie wenig sich unsere Abgeordneten noch als tatsächliche Volksvertreter verstehen. Sie wollen sich, von löblichen Ausnahmen abgesehen, zumeist deutlich über das Volk erheben – und das sowohl in ihrem Denken wie in ihrem Einkommen.
Denn erstens dient ein Ehrenamt nicht dazu, reich zu werden, sondern verlangt seinem Inhaber auch einiges an materieller Einbuße ab. Das ist auch nicht schlimm, denn die Volksvertretung sollte ja nicht zum Broterwerb werden. Abgeordnete haben eine Ausbildung und einen Beruf; gerade daraus beziehen sie einen Teil ihrer Kompetenz, und sie sollten diese Tätigkeit nicht aufgeben, um zum Berufs-Volksvertreter zu werden, denn dann heben sie sich schnell vom Volk ab, das zu vertreten ihnen aufgegeben ist.
Nun wird eingewandt, viele könnten neben ihrer Abgeordnetentätigkeit keinen Beruf mehr ausüben, da die Vertretung des Volkes die gesamte Arbeitskraft beanspruche. Dies scheint ziemlich übertrieben, denn gerade eben war zu erfahren, dass zahlreiche Abgeordnete viel Geld durch Nebentätigkeiten erwirtschaften; allein 142 der 613 Bundestagsabgeordneten nahmen einer Studie zufolge in diesem Jahr auf diese Weise 5,8 Millionen Euro ein. Man kann darüber hinaus an der Aufopferung unserer Abgeordneten auch Zweifel haben, wenn man sich manche Ergebnisse ihres Wirkens ansieht, noch mehr, wenn man weiß, dass kaum ein Abgeordneter sich über den vorliegenden Gesetzentwurf selbständig seine Gedanken macht und dann entscheidet, sondern dass die Beschlüsse meist in den »Gremien« gefasst werden, also in der Führung der Fraktionen oder gar – bei den Regierungsparteien – in den Ministerien bis hinauf zum Bundeskanzleramt.
Vor allem aber ist es wohl kaum Aufgabe jedes Abgeordneten, zum Experten für all jene Fragen zu werden, die im Parlament zu entscheiden sind. Er wäre damit nicht nur überfordert, sondern würde auch seine eigentliche Aufgabe – die Vertretung des Volkes – verfehlen. Die verlangt nämlich nicht Sachkenntnis über jedes Gesetzesdetail, sondern das Wissen davon, wie das jeweilige Vorhaben von den Menschen, vom Volke bewertet wird. Und mit diesem Wissen muss er ins Parlament gehen, das Vorhaben bewerten und sich dann – nur »seinem Gewissen unterworfen« – entscheiden. Das kann er dann am besten, wenn er sich viel in seinem Wahlkreis aufhält, mit seinen Wählern spricht und daraus seine Schlüsse zieht, statt sich in der Hauptstadt von den »Gremien« majorisieren zu lassen.
Eine solche Volksvertretung ist sehr gut mit einem ordentlichen Beruf, der vielleicht weiteren Einblick in das Denken der Bürger gestattet, zu vereinbaren. Davon sollte der Volksvertreter leben und natürlich für die zusätzlichen Aufwand im Ehrenamt auch eine Entschädigung erhalten – so wie andere Ehrenamtliche in verschiedenen Bereichen, denen Unkosten erstattet werden und vielleicht noch etwas mehr. Diese Zuwendungen müssten natürlich auch hin und wieder angehoben werden, da nun einmal der Geldwert ständig sinkt. Auch dafür gibt es bereits Mechanismen, zum Beispiel die Anhebung der Renten entsprechend der Lohnentwicklung. Damit befänden sich die Abgeordneten auch mit ihren Einkünften inmitten des Volkes, wären nicht von ihm abgehoben. Und die immer wieder kehrende Diätendiskussion fände nicht mehr statt, weil das Volk sähe: Unsere Vertreter werden wie wir behandelt, also gerecht.
Abgeordnete sind doch eine ganz eigene Speziel. Welcher Angestellte würde es schaffen, sich seinen Lohn selbst zu erhöhen, wie es hierzulande bei Parlamentariern und Abgeordneten immer wieder an der Tagesordnung ist. Selbst Bundestagsabgeordnete scheinen den ganzen Tag mit wichtigeren Dingen als Politik beschäftigt zu sein, verfolgt man mal eine Debatte live. Da wird geschlafen, gelesen, getuschelt nur richtige Politik im Sinne des Volkes wird da nicht gemacht. In meinen Augen ist das ganze System doch von Grund auf marode und korrupt.