Nun erhalten also auch die deutschen Banken ihre Abwrackprämie. 200 Milliarden soll der Finanzminister locker gemacht haben, um ihnen ihre faulen Kredite, auf deren Rückzahlung nicht mehr gehofft werden kann, mit dem Geld des Steuerzahlers abzukaufen. Und niemand regt sich darüber auf – ganz im Unterschied zur automobilen Abwrackprämie, die zwar »nur« fünf Milliarden Euro kostet, aber dennoch jüngst von Politikern und deren willigen Journalisten als etwas dargestellt wurde, das die Republik geradewegs in die Katastrophe führt. Das droht weder von den über 80 Milliarden, die bereits der Hypo Real Estate nachgeworfen wurden, auch nicht von den 500 Milliarden für den ersten Banken-»Rettungsschirm« und ebenso wenig von den jetzt ins Auge gefassten 200 Milliarden, sondern einzig und allein von den Aufwendungen für die Auto-Abwrackprämie.Dass Letztere ökonomisch fragwürdig und ökologisch kontraproduktiv ist, steht dabei außer Zweifel, doch ist es kaum das, was den Gegenwind im Blätterwald und der sonstigen Medienwelt auslöste, auch wenn dieser Eindruck erweckt werden sollte. Tatsächlich jedoch schlagen die Wellen so hoch, weil die Abrackprämie bei allen ihren sonstigen Problemen die einzige Maßnahme im Angesicht der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ist, die dem schwächeren Teil der Bevölkerung einen Vorteil bringt. Und genau das widerspricht dem System. Autofahrer, noch dazu mit wenig Geld, sind – im Unterschied zu Großbanken – keineswegs »systemisch«; darum lösen Geldgeschenke an sie einen regelrechten Orkan des Widerspruchs aus, solche an Banken aber keineswegs.
Die ungeschminkteste Begründung dafür lieferte einmal mehr die FDP durch ihren finanzpolitischen Sprecher Hermann Otto Solms, den grämt, das das Geld nicht sofort an die Autokonzerne fließt: »Die deutsche Automobilindustrie hat davon nicht sehr viel, insbesondere BMW, Audi, Daimler werden kaum einen Zuwachs an Aufträgen haben.« Sauerei! Und auch bei ihm darf natürlich das »Argument« nicht fehlen, wenn die Prämie ausliefe, würde es erst recht einen Einbruch bei der Automobilindustrie geben. Damit gibt er doch nur zu, dass er wie alle anderen, die solche Einwände vorbringen, ganz genau wissen, dass diese Industrie in einer schweren Überproduktionskrise steckt; doch sie alle weigern sich, die durch die Abwrackprämie gewährte kurze Atempause zu nutzen, um daran etwas zu ändern – durch eine geänderte Modellpolitik in den Konzernen selbst, durch die Schaffung tatsächlich zukunftsfähiger Arbeitsplätze anderswo, durch ein generelles Umdenken über Wochen- wie Lebensarbeitszeit.
Das Gezerre um die Abwrackprämie steht exemplarisch für die Schieflage des bisheringen Krisenmanagements, das sich fast nur um Banken und Unternehmen kümmert, kaum jedoch um die große Masse der von Arbeitslosigkeit Bedrohten und der Steuerzahler. Die Folgen der Wirtschaftskrise für die Masse der Bevölkerung spielen in den Überlegungen der Bundesregierung so gut wie keine Rolle; die in den letzten Jahren auch mit ihrer tätigen Mithilfe durchgesetzten Maßnahmen gegen erstere – von Niedrigstlöhnen bis zur Rentenkürzung über die Verschiebung des Leistungsanspruchs – bleiben in Kraft; an der neoliberalen Grundlinie der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik sind Änderungen bisher nicht vorgesehen.
So widersinnig und traurig es ist, aber die Systemkrise muß wohl erst noch schlimmere Ausmaße annehmen, damit es zu weitreichenden Veränderungen kommen kann. Ob diese dann aber wenigstens auch den am Härtesten von der Wirtschaftskrise Betroffenen helfen werden, steht noch in den Sternen.
Stimmt nun 2 Jahren nach den Hokuspokus sieht man erst die ausweirkungen