Nicht nur, aber vor allem zu runden Geburtstagen kommt man gern mit einem Überraschungsgeschenk. Das mag sich selbst die verblichene DDR gedacht haben, die jetzt aus dem Orkus ein ganz besonderes Präsent zum 60. Jubiläum der Bundesrepublik Deutschland beisteuerte – eine Art Hase-und-Igel-Demonstration, mit der sie nachwies: Was auch immer ihr tatet, wir waren stets dabei, und das keineswegs nur als interessierte Beobachter, sondern vielmehr als Weichen stellende Akteure. Selbst ein anscheinend so zuverlässiger und um die Sicherheit des deutschen West-Staates besorgter Kriminalobermeister wie Karl-Heinz Kurras gehörte euch nicht wirklich, sondern war ein ostdeutsches U-Boot, das – in diesem Fall allerdings eher zufällig – bundesdeutsche Geschichte in eine ganz bestimmte Richtung lenkte.
Kurras war beileibe nicht der erste und nicht der letzte, der dergestalt westdeutsche Historie mit roter Ost-Tinte ausmalte. Vor ihm hatte schon ein Verfassungsschutzpräsident unerwartete Anteilnahme an ostdeutscher Gegenwart bekundet, obwohl es eigentlich zu den wesentlichen Aufgaben Otto Johns gehörte, dieses Ostdeutschland kompromisslos zu bekämpfen. Und hernach erwies sich, dass selbst ein Bundeskanzler jahrelang kaum etwas tat, das in Ostberlin zuvor nicht schon in allen Einzelheiten bekannt war, weil sein enger Berater Günter Guillaume auf ostdeutschen Gehaltslisten stand.
Dass es ein Geheimdienst war, der die Durchdringung bundesdeutscher Politik in ihren ersten 40 Jahren organisierte, macht die Sache nicht besser, beweist es doch, dass in der DDR zwar alles – wie viele jetzt meinen – schlecht war, manches in der BRD aber noch schlechter, was dann verhinderte, die ostdeutschen Schlechtigkeiten rechtzeitig zu erkennen. Gerade in diesem 20. Jubiläumsjahr wird seitens interessierter Kreise nicht wenig Kraft und Energie auf die Nachweisführung verwendet, eigentlich habe es die DDR doch gar nicht gegeben. Was sich diese nicht gefallen lässt und aus dem Jenseits mit der Gegenbehauptung kontert: Ohne die DDR hätte es die Bundesrepublik nicht gegeben – zumindest nicht so, wie sie sich am heutigen Tag feiert.