In der Absicht Roland Kochs mag es nicht gelegen haben, doch mit seinem angekündigten Rücktritt als hessischer Ministerpräsident, CDU-Landesvorsitzender und stellvertretender Bundeschef seiner Partei verschaffte er vor allem Angela Merkel eine Atempause. Eben erst mit einer eklatanten Wahlniederlage der Union in Nordrhein-Westfalen konfrontiert, die viele ihrer bereits seit langem in den Startlöchern hockenden innerparteilichen Kritiker aus der Deckung treten ließen, dürfte die CDU-Vorsitzende mit gewisser Erleichterung den Abgang eines ihrer schwergewichtigten Rivalen quittiert haben, nimmt er doch der Fronde eine Führungsfigur, die ihr nicht nur stets gefährlich werden konnte, sondern die auch jenen breiten Rücken hatte, hinter dem weniger Mutige gern ihre heimlichen Nörgeleien ablassen.
Für die lange aufgeschobene, und von Angela Merkel auch jetzt nicht sonderlich erwünschte Auseinandersetzung über den künftigen Kurs der christlichen Union ist das von nicht zu unterschätzender Bedeutung – gerade in diesem Moment, da die FDP, in die vor allem die CDU-Wirtschaftsliberalen so große Hoffnungen gesetzt hatten, erheblich schwächelt und gegenüber der Kanzlerin und ihrem Finanzminister wesentliche Positionen räumen muss. Das erlaubt es Merkel, wenigstens in Teilen jene Politik fortzusetzen, die sie 2005 in Wertung ihres miserablen Wahlergebnisses einleitete. Als eine Politikerin, die eher Stimmungen als Prinzipien folgt, nutzte sie die damals von der SPD angebotene Möglichkeit der großen Koalition zu einer behutsamen Ausrichtung der Union auf neue, von den Konservativen stets beargwöhnte Realitäten. Mit Ursula von der Leyen, Thomas de Maiziére und Annette Schavan holte sie Vertraute ins Kabinett, die in diesem Sinne wirkten; kritische Einwände aus dem konservativen und wirtschaftsliberalen Lager ihrer Partei konterte sie mit dem Verweis auf den sozialdemokratischen Koalitionspartner, der eine andere Politik nicht zuließe.
Der schwarz-gelbe Wahlerfolg des letzten Herbstes beendete diese Ausgestaltung der CDU mit einem modernen Gesicht jäh. Mehr noch als die Christdemokraten hatte die SPD für die Abweichung vom traditionellen Selbstverständnis der jeweiligen Partei die Quittung erhalten; beide verloren zugunsten der drei kleineren Parteien so viele Stimmen, dass an eine Fortsetzung ihres Bündnisses nicht zu denken war. Statt dessen bekam die Union mit den Freidemokraten einen »Partner«, der wild entschlossen war, all das, was er in der Opposition kritisiert hatte, nun tatsächlich innerhalb kürzester Zeit zu eliminieren. Angela Merkel, die es schon versäumt hatte, die SPD in ihrem wirtschaftsliberalen Masochismus zu bremsen, fand auch jetzt nicht den Mut, die Freidemokraten in die Schranken zu weisen; am Ende standen das Desaster von Düsseldorf und eine immer lauter werdende Kritik an der Kanzlerin selbst – vor allem nun aus der eigenen Partei und von deren rechtskonservativem Flügel, die still gehalten hatten, solange die Wahlergebnisse vorzeigbar waren..
Kochs Abgang hat jetzt die Spielräume der CDU-Vorsitzenden wieder erweitert. Für ihn war schon lange keine Machtperspektive mehr vorhanden; vielmehr dürfte für ihn die Bestätigung der schon in Hessen sichtbaren, wenn dort durch Verschulden der SPD auch nicht politisch umsetzbaren Mehrheit links von Schwarz-Gelb durch das Wahlresultat in Nordrhein-Westfalen den letzten Ausschlag gegeben haben, einer Politik, in der seine Positionen sukzessive an Boden verlieren, den Rücken zu kehren. Merkel hätte es nun in der Hand, die CDU wieder entschlossener auf einen moderaten Kurs zu führen, für den im gegenwärtigen Kabinett neben ihren schon genannten Vertrauten auch Norbert Röttgen stehen könnte. Dass sie dazu die Kraft und die nötige Entschlossenheit aufbringt, daran sind freilich erhebliche Zweifel angebracht.
Rivale warum nicht! Es ist gut wenn die CDU sich verändert .Frau Merkel braucht gut Mitstreiter. Am Ende sollte der bessere die Partei führen.