(pri) Die Verdächtigen sind namhaft gemacht: Gurke, Tomate und Salat. Sie haben zwar nichts getan, aber – angeblich – neben dem Täter EHEC gelegen. Das genügt für die Häckselmaschine. Irgendwer hat sie dort liegen gesehen, neben dem Täter, und das publik gemacht. Dankbar konnten die Fahnder zur Aktion schreiten und mussten nicht mehr selbst ermitteln.
Einige Tage später – inzwischen war die Zerschlagung von allem, was grün und rot leuchtete, längst in vollem Gange – stellte sich die Unschuld von Gurke, Tomate und Salat heraus. Genützt hat es dem Gemüse mit vorgeblicher Feindberührung nicht. Denn einige der Jäger wollten die drei Verdächtigen in Ermangelung eines anderen nicht aus der Verantwortung entlassen und meinten: Solange wir den wirklichen Schulddigen nicht haben, sollten wir uns an den halten, den wir haben, auch wenn er nicht schuldig ist. Denn welchen Eindruck macht denn eine Staatsmacht, die nur ihre leeren Hände vorzeigen kann?
Andere, die die Täterstory sofort geglaubt und sogar besonders überzeugend begründet hatten (meist welche aus den Medien), wollten sich ihre Gewissheit nicht durch die Wahrheit kaputt machen lassen. Für sie bleiben Gurke, Tomate und Salat die Schuldigen bis zum bitteren Ende. Und dritte hatten schon immer etwas gegen grünes und rotes Gemüse; sie werten die plötzliche Unschuldsvermutung als finsteres Komplott der terroristischen Gurkentruppe, dem sie standhaft zu widerstehen gedenken.
So bleiben Gurke, Tomate und Salat lebenslang geächtet – fast wie Jörg Kachelmann und Dominique Strauss-Kahn, aber die hatten immerhin Aktivität gezeigt, während es beim Gemüse genügte, angeblich im Dunstkreis des Täters gesichtet worden zu sein.
Übrigens: Gurke, Tomate und Salat können wir alle werden, wenn es der dumme Zufall will. Wenn die Polizei uns rastert, kann es sein, dass du oder ich oder er mit dem Täter durch Maschen fällt – und schon können die Fahnder zur Aktion schreiten und müssen selbst nicht mehr ermitteln. Und selbst wenn sich dann nach einigen Tagen unsere Unschuld herausstellt, nützt es uns Gemüse mit vorgeblicher Feindberührung nicht. Und so weiter – siehe oben …
Beim Schälen der Gurke
Wer hätte gedacht, dass Gurke, Tomate und Salat so übel nachtreten. Wagten sie sich zu DDR-Zeiten nur in der Saison aus der Erde, so lungern sie heute ganzjährig im Supermarkt.
Ob nun schuldig oder nicht, es gibt hier vier Verlierer: Gurke, Tomate, Salat und Vegetarier.