(pri) Der gerade von der Schwedischen Akademie in Stockholm mit dem Literaturnobelpreis 2012 ausgezeichnete Chinese Mo Yan ist offensichtlich ein ganz schlechter Preisträger. Die »Welt« nannte ihn einen »staatsnahen Chinesen«, der »Spiegel« einen »aufrechten Angepassten«. Und aus Hongkong wurde gar geurteilt, seine Bücher eigneten sich nur dazu, »sich das Hinterteil abzuwischen«. Erst als Mo Yan in seinem Heimatort eine Pressekonferenz abhielt und sich dabei für verfolgte Schriftsteller in seinem Heimatland aussprach, fand er Gnade vor den hiesigen Kunstrichtern, die die eigene Sicht zum Maßstab machen, von dem aus sie den Daumen heben oder senken.
Auch ein anderer Literaturnobelpreisträger, der Deutsche Günter Grass, muss das immer wieder erfahren. Bei ihm geht es freilich nicht darum, ihn wegen »Staatsnähe« zu schelten oder ob seiner »Angepasstheit«, ganz im Gegenteil. Bei Grass vermissen die ideologischen Beckmesser gerade die Übereinstimmung mit staatlichem Handeln und seine mangelnde Anpassung an das, was sie für politisch korrekt halten. Dass er Kritik an der aggressiven Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung übte und einen Israeli, der die Wahrheit über die längst vorhandene israelische Atombombe verbreitete, zum Helden erklärte, während ihn seine eigene Regierung für 18 Monate ins Gefängnis steckte, ist zu viel an jener Dissidenz, die bei jemand wie Mo Yan vermisst wird.
Da wird er dann des Starrsinns geziehen und ein wenig lächerlich gemacht, der Provokation bezichtigt oder einmal mehr als verkappter Antisemit bezeichnet. Es ist schon ein Elend mit den Literaturnobelpreisträgern: Kritik am deutschen Mainstream ist nicht erwünscht, solche an chinesischen Sprachregelungen jedoch wird vehement gefordert.Und nobel verhält sich letztlich nur, wer den hiesigen Wächtern über die ideologische Reinheit zum Munde redet. Die literarische Leistung ist bei alldem allenfalls zweitrangig.