Einmarsch in die Clownsparade

(pri) Kaum haben die beiden italienischen »Clowns« Silvio Berlusconi und Beppe Grillo ihre große Wahlkampfbühne verlassen, da springt ein deutscher Komiker in die ebenfalls zum Wählerfang aufgebaute deutsche Arena, um zu beweisen, wie wenig er ihnen im Geschäft der Polit-Comedy nachsteht. Doch so sehr sich Peer Steinbrück auch im Schnodderton müht; sein Auftritt mit der deutschen Trompete kann eine gewisse Humorlosigkeit – wie sie unlängst auch in den Aschermittwochsreden zu erkennen war – nicht verleugnen. Vor allem aber deckt sich des Kanzlerkandidaten Meinung ohne Zweifel mit der der Kanzlerpartei und ihres freidemokratischen Wurmfortsatzes, und das gespielte Stirnrunzeln bei Schwarz-Gelb ist auch nichts anderes als eine Art von Clownerie – freilich ohne jeden Humor.

 

Steinbrück sprach in der ihm eigenen Rüpelhaftigkeit aus, was das hiesige Establishment schon lange denkt – und nicht nur über die Italiener, die nach ihrer Wahlentscheidung der eigentliche Adressat des teutonischen Bannstrahls sind. Alle jene in Europa, die noch nicht, wie das Merkel-Sprachrohr Volker Kauder schon frohlockte, »deutsch sprechen«, sind gemeint: Griechen wie Spanier, Portugiesen wie Italiener, auch schon Franzosen. Ihnen allen wird aus Berlin der Marsch geblasen, von der schwarz-gelben Regierung ebenso wie von der stets an deren Seite springenden Opposition mit Klartext-Feldwebel Steinbrück an der Spitze. Jede Gegenwehr stößt auf die Bataillone des großen Geldes – seien es Troika-Buchhalter oder Rating-Manipulatoren, Sozialkürzungskommissare oder eben arrogante Oberlehrer mit Kasernenhofgebaren.

 

Längst hat die politische Klasse jener Länder den Kotau vor diesen Formationen gemacht; selbst als links apostrophierte und deshalb von Merkel angewidert abgelehnte Akteure wie das Mitte-Links-Bündnis unter Bersani kapitulierten schon vor dem Wahltag und ließen den Italienern keine andere Möglichkeit als sie alle abzuwählen. Der hohe Stimmenanteil für Berlusconi, vor allem aber für Grillo ist nichts anderes als die Verzweiflungstat von Bürgern, die schon lange keine wirkliche Wahl mehr haben, verfolgen doch die »seriösen« Kräfte inzwischen im Kern den gleichen Kurs und unterscheiden sich allenfalls in Nuancen. Wie »Blockparteien« agieren sie, und welche von ihnen man auch stimmt – am Ende liegt der »Block« bei über 90 Prozent. Es sieht demokratisch aus, doch die Finanzmärkte haben alles in der Hand.

 

Dagegen haben nicht zuerst die Italiener mobilisiert. Nach einer Phase des Aufschwungs von Protestparteien auf der Rechten wie Linken stellen die Wähler der Irrationalität der Finanzmarktentscheidungen nun die Absurdität ihrer Wahlentscheidung entgegen. Die Erfolge der »Piraten« in verschiedenen Ländern und jetzt die Wahl der einzigen, die im Wahlkampf die Wahrheit sagen, der Satiriker, durch Millionen Junger, gut Ausgebildeter, Kreativer, die sich mit den Verhältnissen nicht abfinden wollen – das sind Menetekel, die zeigen, auf welche Wege sich Politik begeben kann, plötzlich und unerwartet. Und worauf das Establishment nur in arroganter Hilflosigkeit zu reagieren vermag – so wie Peer Steinbrück mit seinen Trompetenstößen.

One Reply to “Einmarsch in die Clownsparade”

  1. Peer Steinbrück unternimmt wirklich alles, um nicht (!) Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden zu müssen. Er selber ist beliebt als gut honorierter „Unterhaltungskünstler“ für die Oberschicht unserer Sozialordnung, die sich bei einer Flasche Champagner gerne schenkelklopfend „vorführen“ läßt. Ähnliche Aufgaben nahmen bei „Hofe“ die blitzgescheiten „Hof-Narren“ war, die der bekrönten Zuhörerschaft den Spiegel vorhalten durften.
    Ohne Zweifel ist es von Vorteil, wenn ein Politiker das Talent eines Schauspielers vorweisen kann. Das Volk als Publikum will es so! Silvio Berlusconi kann es und gehört dazu noch zu den Mächtigsten in Italien. Welch ein Potential der Verführung – wenn der Makel des biologischen Alters nicht wäre, trotz der hohen Kunst der Gesichts-Chirurgie.
    Peer Steinbrück ist ein Pragmatiker. Die Europäische Union gleicht der „Costa Concordia“, die mit 65 Grad Schlagseite vor der Ziegen-Insel auf Grund festsitzt. In dieser Europäischen Union nimmt Deutschland auch die Stelle eines „Kapitäns“ ein. Wer will schon freiwillig einen havarierten Kahn übernehmen?

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