(pri) Die Presse hat wie jedes Medien alle Freiheit der Welt, einen Text, den ihr eine Autorin oder ein Autor zur Veröffentlichung zuschickte, zu publizieren oder auch nicht. Die Zeitung, der Sender, das Studio oder was auch immer entscheidet allein, was in ihrem/seinem Namen in die Welt geschickt wird. Dazu gibt es in letzter Instanz eine Chefredakteurin/einen Chefredakteur, vielleicht mit einem Redaktionsstatut im Rücken oder den Vorgaben eines Tendenzbetriebes vor dem Kopf.
Diese Freiheit endet freilich in dem Moment, da das journalistische Produkt das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Denn in diesem Moment ist das Medium in die Verantwortung für diesen Text eingetreten und es muss ihn ebenso wie die Autorin oder den Autor verteidigen. Und das selbst dann, wenn der Text »grottenschlecht« ist, wie nicht nur Heribert Prantl in der »Süddeutschen Zeitung« befand, denn – noch einmal Prantl – »auch ein grenzenlos schlechter Text … ist von der Pressefreiheit gedeckt«. Die Redaktion, die ihn veröffentlichte, kann zwar intern über die Veröffentlichung diskutieren, aber nach außen muss sie zu ihrer Urheberin, ihrem Urheber stehen, vor allem dann, wenn deren Meinungsäußerung juristisch sanktioniert werden soll. Sie ist nicht mehr frei in ihrer Entscheidung.
Handelt sie nicht entsprechend, verliert sie ihre (Presse-)Freiheit. Dass zeigte unlängst der Intendant des WDR, eines Senders des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, als er sich von der harmlosen Umdichtung eines Kinderliedes distanzierte, war allerdings nicht wirklich überraschend war. Denn die Sender von ARD wie ZDF sind derart eng mit der Politik verflochten, stehen so sehr unter deren Kontrolle, dass Rücksichtnahmen auf diese »Gremien« das Normale sind – und die Programme sehen entsprechend aus.
Wenn nun aber eine Zeitung wie die »taz«, die dereinst als Alternative, als »Gegengift« zum bürgerlichen Mediensystem antrat, Gleiches tut und Kritik von (überwiegend Rechts-)Außen zum Anlass öffentlicher Entsolidarisierung von ihrer Autorin nimmt, so wiegt dieser Schritt in die (Presse-)Unfreiheit weitaus schwerer. Denn er macht eine einst alternative Zeitung endgültig zum Bestandteil eines Mediensystems, für das schon der alte Johann Wolfgang Goethe nichts als Spott übrig hatte:
O Freiheit süß der Presse!
Nun sind wir endlich froh;
Sie pocht von Messe zu Messe
In dulci jubilo.
Kommt, laßt uns alles drucken
Und walten für und für;
Nur sollte keiner mucken,
Der nicht so denkt wie wir.