Mit einer gewissen Befriedigung kann man gegenwärtig beobachten, wie Guido Westerwelle zum Opfer seiner eigenen Politik wird. Jahrelang hatte er die Befreiung der Wirtschaft von staatlicher Regulierung gepredigt und wurde von der Regierung – ob SPD-geführt unter Schröder oder CDU-dominiert unter Merkel – tatsächlich erhört. Die Wirtschaft, vor allem die Finanzwirtschaft, konnte immer unkontrollierter und damit auch immer riskanter operieren, zum ungeteilten Beifall der FDP. Dann kam es zum großen Bankencrash und dem Einsatz horrender staatlicher Mittel zur Rettung des Finanzsystems, wodurch der von der großen Koalition gerade durch rigides Sparen nicht zuletzt bei der öffentlichen Daseinsfürsorge in einer Sanierungsphase befindliche Haushalt wieder völlig aus dem Ruder lief. Jetzt ist die Verschuldung des Staates aufgrund diverser Rettungsschirme für Banken und Unternehmen so groß, dass die von Westerwelle vollmundig versprochenen weiteren Wohltaten für die Wirtschaft nicht mehr bezahlbar sind. Er weiß dies ebenso wie Angela Merkel, tut sich aber schwer mit dem Rückzug; das Lavieren seiner Partei zeigt das Dilemma, in das sie letztlich von ihren eigenen Parolen gestürzt wurde.
Aber mehr noch: Westerwelle hat mit seiner Partei offenbar die Jahre der Opposition gründlich verschlafen. Bekanntlich gefiel er sich in dieser Zeit überwiegend in eitler Selbstdarstellung, deren Höhepunkt die Wahlkämpfe mit Guido-Mobil und 18-Prozent-Schuhsohlen waren. Darauf hatte der FDP-Chef zwar diesmal verzichtet, aber nur pro forma. In der Sache verfolgte er – wie sich jetzt zeigt – weiterhin Krawallparolen von Steuersenkung und Ausgabenkürzung für soziale Zwecke, die mit den Realitäten wenig zu tun haben. Selbst der eigentlich ihm politisch sehr nahe stehende Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, stellte fest, dass die FDP mit einem zehn Jahre alten Programm in die Wahl gegangen sei – und nun auch in die Koalitionsverhandlungen.
Daraus resultiert die Schwäche der FDP-Position am Verhandlungstisch, die es der Union und vor allem Angela Merkel leicht macht, ihr allzu gefährlich erscheinende Forderungen des künftigen Partners kühl zurückzuweisen – sehr zum Unmut der Wirtschaft und ihrer Abgesandten in der CDU/CSU-Fraktion, die inzwischen nicht nur die eigene Verhandlungsführung kritisieren, sondern auch ihre unverhohlene Enttäuschung über die Freidemokraten äußern. Inwieweit das freilich Eingriffe in die Sozialtransfers begrenzen kann, bleibt abzuwarten.
Auch nach Guidos persönlicher Entzauberung bleibt in der Tat abzuwarten, ob schlußendlich nicht doch wieder breite Bevölkerungsmassen auszubaden haben, was ein überaus klientelistischer und hoch populistischer Parteivorsitzender sich einst mit seinen „kapitalen Freunden“ ausgedacht hat; den nachwirkenden Imageschaden für die Demokratie insgesamt nach diesem erneuten Wahlbetrug einer „bürgerlichen“ Partei nicht eingerechnet.
Einziger Trost: Bei den nächsten Wahlen in NRW wird die FDP vom Wähler wohl wieder auf Normalmaß unter 10% geschrumpft werden.
Wozu habe ich bloß FDP gewählt, wenn Westerwelle es nicht mal
geschafft hat das Ministerium für Finanzen zu erhalten. Mir stellen sich die Haare zu Berge,wenn ich an Schäuble denke.
Beeindruckend ist auch, dass außer Politiker alle einen Qualifikations-
nachweis benötigen nur den Herren Politikernn hat der die Allwissenheit
mit in die Wiege gelegt.
@Birgit
Qualifikationsnachweise brauchen nur die, die ohnehin nichts zu sagen haben. Die anderen kommen meist mit dem Gegenteil auf ihre Posten.