Zwar sind es bis zur nächsten Bundestagswahl noch mehr als zwei Jahre, aber bereits 2008 stehen Landtagswahlen an – und überhaupt kann man sich nicht zeitig genug für den nächsten Wahlgang rüsten. So dachte wohl vor allem Franz Müntefering, als er sich vor einiger Zeit wieder des lange von ihm vernachlässigten Themas von Mindestlöhnen annahm. Er wie seine Partei dürften erkannt haben, dass sie damit durchaus punkten können – und es den Staat nicht einmal etwas kostet.Tatsächlich hat sich die Niedrigstlohnproblematik in den letzten Jahren erheblich verschärft. Löhne unter der Existenzgrenze bis hinunter auf drei Euro die Stunde sind keine Seltenheit mehr, sondern nehmen rapide zu. Im Osten Deutschlands sind bereits 17,2 Prozent der Vollzeitbeschäftigten so genannte Niedriglöhner, im Westen sind es 16,2 Prozent. Da eröffnet sich für Wahlkämpfer die Möglichkeit, einmal nicht nur verbal über »gefräßige Heuschrecken« zu schimpfen, sondern Erwartungen an die Unternehmen zu richten. Das geschieht sehr sozialdemokratisch moderat, aber immerhin.Für die Union zeichnet sich damit ein Problem am Horizont ab. Von ihrer prokapitalistischen Ideologie und ihrer Klientel her sind sie zum Kampf gegen Mindestlöhne, die es bereits in 20 der 27 EU-Staaten gibt, verpflichtet, und sie erfüllen diese Aufgabe bislang mit Hingabe. Aber für die Zukunft ziehen sich dunkle Wolken am Wahlhorizont zusammen. Je mehr auch künftig in den Niedriglohnsektor herabfallen, umso stärker wächst die Ablehnung seiner Verteidiger. Einige haben das bereits erkannt, und sicher werden wir bald einen neuen (oder alten?) Rüttgers bei der CDU oder CSU erleben, der sich des Themas anzunehmen vorgibt. Dass dabei für die »Niedriglöhner« viel herauskommt, ist freilich nicht zu erwarten. Im Zweifel hat sich die Politik am Ende stets den Wünschen der Wirtschaft gebeugt.