Nun ist Angela Merkel endgültig wieder bei Helmut Kohl angekommen, von dem sie sich doch eigentlich emanzipieren wollte. Der Altkanzler hatte einst, in schweren Zeiten, seine CDU auf sich eingeschworen, indem er grenzenlose Zuversicht verbreitete. »Nur wer sich selbst imponiert, imponiert auch anderen«, hieß es da. Und er ist lange gut damit gefahren. Allerdings waren damals auch andere Zeiten, eine Tatsache, die der Kanzlerin wohl bewusst ist, auf die sie aber keine Antwort weiß – außer der des Voranschreitens in die Vergangenheit.
Heute aber dürfte Imponiergehabe kaum noch genügen, um die Bürger auf die Union und die CDU-Vorsitzende, vor allem jedoch auf die regierende schwarz-gelbe Koalition einzuschwören, die Angela Merkel so apodiktisch wie anmaßend als die einzig denkbare für die Zukunft bezeichnet. Sie formuliert das so stur, dass sich der Verdacht aufdrängt, sie wisse längst, dass die nächsten Wahlen bis hin zur Bundestagswahl 2013 verloren gehen und bereite daher ihre Partei schon auf die absehbare Oppositionsrolle vor.
Schließlich sprechen nicht nur die Umfragen, die Angela Merkel deshalb in den Papierkorb werfen will, eine deutliche Sprache. Bereits bei der letzten Bundestagswahl verzeichnete die Union mit 33,8 Prozent ihr zweitschlechtestes Ergebnis und konnte nur dank des Aufschwungs der FDP und der selbst verschuldeten Schwäche der SPD und der Grünen die schwarz-gelbe Koalition bilden. Der Höhenflug der Freidemokraten ist längst vorbei, aber von deren Verlusten profitiert die CDU nicht. Zu diesem Befund muss man Umfragen nicht bemühen; er stützt sich vor allem auf das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen, das der CDU einen Absturz im zweistelligen Prozentbereich bescherte.
Seither hat sich die Lage eher verschlechtert, denn die Polarisierung, die Union und FDP mit ihrer Politik betreiben, mobilisiert vor allem ihre Gegner, die allerdings oft ratlos sind, wem sie parteipolitisch vertrauen können. Der SPD, die einst die Union in bürgerferner Politik zu übertreffen suchte, noch lange nicht wieder. Die Linke mit ihrer immer wieder instrumentierbaren Vergangenheit, aber auch den Querelen eines heterogenen Widerstandsbündnisses wohl noch lange nicht. Bleiben die Grünen, die sich freilich in Regierungsverantwortung leicht als eine Art Wiedergänger der FDP entpuppen könnten.
Es ist eigentlich nur die Hoffnung auf die Widersprüche im Lager jenseits von Schwarz-Gelb, auf die Angela Merkel noch bauen kann. Darauf, aus diesem losen Haufen sich doch wieder einen Regierungspartner herauszubrechen; machtgeile Opportunisten gibt es da wahrlich genug. Und was von Ausschlussschwüren gegenüber anderen Parteien zu halten ist, zeigten das Wahljahr 2005 wie die jüngsten Landtagswahlen. Eine große Koalition wurde da ebenso wie das Zusammengehen der Grünen mit den Schwarzen oder gar noch mit der FDP verteufelt; heute gibt es all diese »undenkbaren« Bündnisse längst.
Insofern dürfte Angela Merkel kühl kalkulieren und vor allem darauf hoffen, dass die Union im Machtspiel bleibt. Sie wäre wohl auch kaum verzweifelt, wenn es 2013 mit der FDP nicht reichte, dafür aber vielleicht mit jemand anderem aus dem rot- oder grün-bürgerlichen Lager. Die »Scharniergelenke« dafür hat sie mit Ursula von der Leyen und Norbert Röttgen längst an ihrer Seite.