Ganz anders als es öffentlich den Anschein hat, gehen die etablierten Parteien mit der neuen Linken außerordentlich generös um. Immer wieder machen sie ihr Geschenke, auf dass sie an Kraft und Stärke gewinne und zu einem gesunden Partner im Parteiengefüge werde. Das begann schon bei Gerhard Schröder, der die Agenda 2010 und die Serie der Hartz-Horror-Verfügungen erfand – ein Gottesgeschenk für die 2002 aus dem Bundestag geflogene PDS. Denn nun suchten viele abtrünnige Wähler wieder bei ihr Schutz, und wer davor noch zurückschreckte, für den bildete sie mit der WASG eine Art PDS-Pendant im Westen. Der SPD genügte das aber noch nicht als Hilfsmaßnahme für alle links von ihr Herumirrenden, und daher setzte sie kurzerhand Neuwahlen an, damit diese Linken begriffen, es genügt nicht, getrennt zu marschieren, wenn man vereint schlagen will. Man muss sich dann schon auch zusammenraufen, um ein ernstes Wörtchen mitreden zu können.
Die Linke tat, wie ihr auf diese Weise hochherzig nahe gelegt und bildete erst eine gemeinsame Wahlkampfmannschaft, die denn auch prompt wieder ins Parlament einzog, dann natürlich eine gemeinsame Fraktion und schließlich – angefeuert von den Beschimpfungen aller anderen Parteien, die sich jedoch gleichfalls als wahre Geschenke erwiesen, weil sie Karl Liebknechts »Trotz alledem!« wieder auferstehen ließen – eine gemeinsame Partei, in der es zwar manchmal noch ein wenig poltert, aber nur so lange, wie die freundlichen Paten im Parteiensprektrum in ihren Verbalinjurien gegen die Neuen nachlassen. Das aber sind nur kurze Phasen, denn zuverlässig lebt die emotionale Anfeuerung der Linken jeweils nach kurzer Zeit wieder an.
Man kann dies dieser Tage wieder im Bundestag beobachten, wo es mitunter den Anschein hatte, als sei Oskar Lafontaine der Kanzler, auf dem die anderen im besten Oppositionsstil herumhackten. Aber nicht nur damit, machen die anderen der Linken ein neues Geschenk. Sie zwingen sie in die exklusive Oppositionsrolle, indem sie selbst zu verstehen geben: Wir anderen gehören doch schließlich zusammen und können eigentlich alle miteinander regieren, notfalls eben wirklich in einer supergroßen Koalition, sollte die Linke denn am Ende doch zu stark werden. Unter 50 Prozent, so mutmaßen sie, wird man die CDUCSUSPDFDPGrünen wohl nicht bringen, und dass man weiter regieren kann – das ist schließlich die Hauptsache.
Es ist eben wie in jeder besseren Familie. Die Großen wollen in aller Ruhe ihr Ding machen, und damit sie nicht gestört werden, stellt man die Kleinen ruhig – mit Geschenken, so absurd sie manchmal scheinen. Noch kann’s die Linke freuen, aber lange wird es nicht dauern, dann beginnen bei ihr die wieder zu krähen, die nicht nur Geschenke empfangen, sondern endlich auch verteilen wollen. An wen dann auch immer …