Vermutlich sind wir hart an einem weiteren USA-Krieg im Nahen Osten vorbeigeschrammt. George W. Bush hatte den dritten Weltkrieg unlängst angekündigt und mit der angeblichen Gefahr einer iranischen Atombombe begründet. Er wusste wohl damals schon, was jetzt seine Geheimdienste öffentlich machten – dass diese Gefahr überhaupt nicht besteht. Und er wollte vielleicht einen letzten Versuch machen, den Krieg dennoch zu führen. Denn natürlich geht es ihm auch im Falle Iran – wie schon in Irak – nicht um irgendwelche Massenvernichtungswaffen, sondern zum einen ums Öl und zum anderen um seine ideologische Scheuklappensicht. Fakten haben dagegen bei ihm keinerlei Chance, wie jetzt auch seine Reaktion auf die Geheimdienstberichte zeigte. Daher bleibt er gefährlich, denn noch ist er Präsident und kann den Angriffsschlag befehlen, aber der Widerstand gegen ihn wächst – inzwischen auch direkt in seinem Lager.
Dass die Geheimdienste jetzt – offenbar ohne sein Wissen – an die Öffentlichkeit gingen, zeigt zum einen, dass sie nicht wieder zum Sündenbock gestempelt werden wollen – wie beim Irak-Debakel, wo sie gegen ihre eigenen Erkenntnisse den Wünschen des Weißen Hauses folgten und sogar ihren Außenminister vor der UNO zum Hampelmann degradierten. Zum anderen mag inzwischen selbst in der Administration der Wille an Boden gewinnen, die USA nicht von einem beratungsresistenten Bush in ein weiteres Abenteuer treiben zu lassen, dessen unabsehbare Folgen er seinem Nachfolger hinterlassen würde. US-Präsidenten gelten in ihrem letzten Amtsjahr als »lahme Enten« – und wer von ihnen verantwortlich handelt, nimmt das hin, gerade weil sein Nachfolger keine ungelösten und vielleicht sogar unlösbaren Probleme vorfinden soll. Bush denkt da anders und wird damit zum Sicherheitsrisiko für sein eigenes Land. Das dürften immer mehr in den USA erkennen; und vielleicht treffen sie jetzt Vorkehrungen, damit er keinen größeren Schaden mehr anrichten kann.
Ob man das auch in Europa versteht und sich aus der Vasallenrolle gegenüber Bush löst? Nach den ersten Reaktionen auf den US-Geheimdienstbericht sieht das nicht so aus; es fehlt wohl wieder einmal der Mut, eigene Positionen zu beziehen. Und das auch bei unserer hervorragenden Außenpolitikerin Angela Merkel, die besonders treu zum US-Präsidenten steht, ihn vielleicht über den Verlust seines Pudels Tony Blair dadurch trösten will, dass sie nun als sein Dackel unter den Tisch im Oval Office kriecht.