Es ist tröstlich, wenn der mächtige amerikanische Präsident, der vor fast acht Jahren angetreten war, die Welt nach seinem beschränkten Bilde zu formen, jetzt vor einem formidablen Scherbenhaufen steht. Was auch immer er in seiner Amtszeit anpackte, es geriet ihm zum Desaster – mit katastrophalen und damit überhaupt nicht tröstlichen Folgen für die Menschen, die George W. Bush angeblich beglücken wollte, denen er jedoch oft Tod und Elend brachte. Weder in Afghanistan noch in Irak, weder in Palästina noch auf dem Balkan hinterließ er Positives; vielmehr ist die Lage in all diesen Krisenregionen heute schlimmer als vor Bushs Amtsantritt. Selten trat ein Präsident in der amerikanischen Geschichte mit einer derart niederschmetternden Bilanz ab.
Langsam hat dies auch den treuesten Verbündeten der USA in der NATO gedämmert, die so lange – ob aus bequemer Gewohnheit oder übermächtiger Feigheit vor dem »Freund« – zu ihrem Anführer hielten. Selbst die von Bushs ebenso total gescheiterten einstigen Kriegsminister Donald Rumsfeld als das »neue Europa« titulierten ehemaligen Satelliten der Sowjetunion, die fast umstandslos auf die Umlaufbahn um die neue US-amerikanische »Sonne« einschwenkten, sind inzwischen ernüchtert – mussten sie doch erleben, dass sich Supermächte im Umgang mit kleinen Partnern sehr ähneln. Dennoch sind sie – gelernt ist gelernt – immer noch die treuesten Verbündeten Bushs, während die Westeuropäer die Endzeit der »lahmen Ente« im Weißen Haus wenigstens teilweise nutzen, um endlich einmal Außenpolitik entsprechend der eigenen Interessenlage zu formulieren.
Wie weit das trägt, bleibt abzuwarten, denn bisher sind Europas Atlantiker noch immer den US-amerikanischen Wegweisungen gefolgt und haben kaum einmal die Kraft gehabt, sich aus der selbstgewählten babylonischen Gefangenschaft zu lösen. Auch jetzt rütteln sie nicht am militärischen Afghanistan-Einsatz, obwohl dessen Scheitern – nach weiteren unnötigen Todesopfern – absehbar ist. Und sie gliedern sich offensichtlich in die neue Aufrüstungsrunde ein, die die USA mit ihrer Raketenabwehr in Osteuropa einleiteten, auf die die russische Antwort kaum auf sich warten lassen dürfte. Insofern steht zu befürchten, dass der zaghafte Widerstand des alten Europa gegen einen bald abgehalfterten US-Präsidenten dann wieder vergeht, wenn im Washington ein anderer Mann sitzt, der gegen sie – wie gegen die sonstige unbotmäßige Welt – erneut zur Peitsche greift.
Die Installation des Raketenabwehrsystems hat meiner Meinung nichts mit dem „bösen“ Iran zu tun. Es dient wohl eher dem Zweck, Amerika dazu zu verhelfen einen millitärischen Vorteil gegenüber dem Erzrivalen Rußland zu erlangen. Es gibt hierzu einen sehr guten Film „Unter falscher Flagge“, der dieses sehr gut thematisiert.