(pri) Man stelle sich vor, Wladimir Putin in Russland oder Viktor Janukowitsch in der Ukraine hätten vor Wahlen eine ähnliche Drohkulisse aufgebaut wie die EU-Länder vor dem Urnengang in Griechenland – ein Sturm der Entrüstung über derartige Wahlmanipulation wäre die Folge gewesen. Unverhohlen hatte man dem griechischen Wähler signalisiert, dass »Europa« ihm bei falscher Entscheidung den Geldhahn sofort zudrehen werde, und das verfehlte die Wirkung nicht. Mit zusammengebissenen Zähnen wählten gute 40 Prozent die beiden abgewirtschafteten Altparteien Nea Dimokratia und PASOK und entschieden sich so für das »Weiter so«, das die EU verordnete, obwohl es keinerlei Probleme löst, sondern im Gegenteil die Hängepartei um Griechenland um eine weitere Runde verlängert.
Schon zeigten die Börsen an, dass ihre Erleichterung nur von kurzer Dauer ist, und in Brüssel setzten sich die Erklärungen fort, dass die weitere Unterstützung für das Land ja doch irgendwie organisiert werden müsse, natürlich nur, wie sogleich Angela Merkel lautstark hinzufügen ließ, bei voller Einhaltung der griechischen Zahlungsverpflichtungen, denn für die Gewährung von »Rabatten« bestehe kein Anlass. Dabei ist klar, dass Athen den Schuldenberg von inzwischen etwa 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei gleichzeitigem Rückgang der Wirtschaftsleistung um fast fünf Prozent niemals wird abtragen können; Rückzahlung ist mithin nur durch neue Schuldenaufnahme möglich, was die Lage immer weiter verschlimmert. Das jedoch ist durchaus gewollt.
Denn anders als immer wieder verkündet wird, geht es in der Euro-Krise überhaupt nicht um Schuldenabbau, würde damit doch die Axt an die Wurzel des Kapitalismus gelegt. Schon jeder einfache Bürger, der beinahe wöchentlich in seinem Briefkasten die Kreditangebote diverser Banken findet, weiß, dass Schulden das Hauptgeschäft der Finanzwirtschaft sind. Willkürlich legen sie in der Regel die Zinsraten fest, und wer Geld braucht, muss schon sehr gut rechnen, will er nicht in die Schuldenfalle geraten. Um wieviel mehr gilt das für Staaten, die aufgrund ihrer materiellen Sicherheiten wie der steuerzahlenden Bürger gute Gläubiger sind – selbst dann noch, wenn das Land wirtschaftlich auf Talfahrt ist, denn aus dem Bürger lassen sich immer noch die letzten Groschen herauspressen. Griechenland ist dafür derzeit das anschaulichste Beispiel, aber auch Spanien steht kurz vor dessen Situation.
Man kann deshalb davon ausgehen, dass an einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone nie gedacht worden ist, denn dann versiegte der griechische Schuldendienst. Das Land muss an den Euro gekettet bleiben, will man es weiter auspowern. Aus dem gleichen Grund wurde Spanien gegen heftigen Widerstand genötigt, unter den EU-Rettungsschirm zu kriechen, erhöhen sich dadurch doch seine derzeitigen Schulden, die »nur« bei 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, schnell weiter und hat man vor allem die Handhabe, auch auf der iberischen Halbinsel eine neoliberale, antisoziale Wirtschaftspolitik durchzusetzen. Plötzlich sind die spanischen Banken »systemisch« und müssen »gerettet« werden. Experten sehen das ganz anders, aber natürlich gingen den Geldhäusern wie ihren Anlegern Milliarden verloren, käme es wirklich zu einem Crash. Dann verweisen die EU-Sparkommissare gern auf die Einlagen der Bürger oder Pensionsfonds, die in Gefahr seien, doch diese zu bewahren, kostete nur einen Bruchteil dessen, was in den diversen Rettungsschirmen angesammelt ist.In Wirklichkeit besorgen sie das Geschäft der »Märkte« – und damit der Zocker und Spekulanten.
Und doch ist das nur eine Nebenwirkung. Im Kern geht es darum, das europäische Verteilungsniveau, das weltweit die höchsten Sozialstandards aufwies, zu demontieren. Es geht um eine Umverteilung, die auch in Europa Verhältnisse schafft, wie sie anderswo auf der Welt längst existieren – in Nord- und Südamerika, in Asien, dereinst vielleicht wie in Afrika. Während der Reichtum unaufhörlich wächst, breitet sich die Armut vom Süden her nach Norden aus – nicht in schnellem Tempo und ohne Widerstand, aber doch allmählich und unaufhaltsam. Dafür war der EU das »Weiter so« in Griechenland so wichtig, und deshalb wird sie auch anderswo weiterhin auf Verschuldung setzen, die mit Sozialabbau bestraft werden müsse – angetrieben vor allem von der deutschen Bundeskanzlerin.
Die griechische Euro-Odyssee hat ja zum Glück bald ein Ende, es wird auch allerhöchste Zeit. Die Zeit läuft schon: Checken Sie jetzt Ihre Euro-Banknoten, bevor Sie auf “faulen griechischen Äpfeln” sitzen bleiben. Denn griechische Euro-Scheine dürften bald wertlos werden … Details: http://www.leichtwielicht.de/warnung-griechische-euro-scheine-bald-ungueltig/