Ein wenig muss sich Roland Koch derzeit als Karnevalsdepp vorkommen – und das nicht nur wegen des heutigen 11.11., sondern angesichts seiner Rolle in den nächsten Wochen überhaupt. Denn er, das Alpha-Tier der hessischen Politik, ist gezwungen, sich mit einem »Hinterbänkler« zu beschäftigen, von dem er bis vor kurzem wohl nicht einmal den Namen kannte, der ihn aber nun als Ministerpräsident herausfordert. Fast ein Gauklerspiel wie in alten Zeiten, als das freche Volk den Herren gern einmal die lange Nase zeigte. Dass solches nun in unseren durchkontrollierten Zeiten möglich ist, mag Koch als Demütigung empfinden; ernst nehmen muss er einen Thorsten Schäfer-Gümbel dennoch.
Vor ihm wurde dies schon einem Berliner Alpha-Tier, dem SPD-Bundesvorsitzenden Franz Müntefering, zugemutet – und man musste nur seine Körpersprache bei der Präsentation des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Hessen studieren, um zu sehen, wie sehr ihm dies zuwider war. Auch noch Andrea Ypsilanti dabei zu haben, diesen Tort allerdings tat er sich nicht an – oder war sie es, die nicht neben Brutus auf der Bühne stehen wollte?
Was die Politik derzeit bietet, hätten weder Kabarett noch Comedy so unterhaltsam erfinden können, aber vielleicht liefert sie eben nur das, was das Publikum, dem das Brot immer mehr beschnitten wird, als ausgleich fordert: Spiele! Wenigstens da hat man noch etwas zu lachen.
P.S. Dazu passt ein weiteres Filmchen aus der ellenlangen Serie »Tage in der Toskana«; es trägt den Titel »Über einen Gaukler in Siena gelacht« und demonstriert, wie ein Nobody durch seinen Schabernack zwar nicht gleich Alpha-Tiere, aber wenigstens selbstbewusste Globetrotter der allgemeinen Lächerlichkeit preisgibt.
Dem Schreiber des Beitrages über den Gaukler und die Alpha-Tiere ist in seinem „schelmischen Optimismus“ selbstredend beizupflichten. Wenn da nicht eine Aussage wäre von dem „Nobody“ aus dem Hessenland der Andrea Ypsilanti, der Frau, die gerade in der Krise Statur bewiesen hat wie lange kein sozialdemokratischer Politiker oder Politikerin mehr – und dafür von Parteifreunden abgestraft wurde.
Der gerade auf den Schild gehobene neue Spitzenkandidat der Hessen-SPD für die kommende Landtagswahl im Januar, Thorsten Schäfer-Gümbel, hat nämlich geäußert, daß die SPD dieses Mal nicht den Fehler begehen werde, eine bestimmte Koalitionsaussage von vornherein auszuschließen. Dieses Statement kann man nach dem soeben erlebten Scheitern der Rot-Grünen Minderheitsregierung unter Duldung der Linken zwar als Option auch für dieses Modell nach der Wahl ansehen.
Aber, da die politische Großwetterlage derzeit zumindest nicht besonders gut aussieht für die Hessen-SPD könnte man diese Aussage von Schäfer-Gümbel in der Berliner Parteizentrale der Bundes-SPD unter den gestrengen Augen des Altmeisters und Vorsitzenden Franz Müntefering auch als Offenhaltung eines Zusammengehens mit Roland Kochs CDU ausdeuten. Wahrlich, das wäre wohl die schlechteste aller möglichen Koalitionen, die für die SPD in Betracht käme. Als geschwächter Juniorpartner am Kabinettstisch von Roland Koch wäre für Thorsten Schäfer-Gümbel wohl nur noch ein Katzentisch übrig und die SPD hätte einen Wortbruch den eigenen Wählern gegenüber begangen, der kaum schlimmer sein könnte, auch wenn die meisten Medienvertreter und politischen Auguren das wahrscheinlich anders sehen würden.