Dass die selbsternannte Klimakanzlerin wie der Kaiser im Märchen nackt ist, wurde an dieser Stelle schon vor längerer Zeit ausgeführt; jetzt hat sie dafür erneut einen schlagenden Beweis geliefert. Denn ausgerechnet jenem Wirtschaftszweig, der zur drohenden Klimakatastrophe mit am meisten beigetragen hat, der Autoindustrie, will sie mit einer Milliardenbürgschaft zur Seite springen. Wobei es die Sache nicht besser macht, dass ihr Koalitionspartenr und Wahlkampfgegner Frank-Walter Steinmeier in einen Wettlauf gegen sie eingetreten ist, wer der – natürlich außer Gerhard Schröder – bessere Autokanzler oder -kanzlerin ist. Anstatt froh zu sein, dass die durch irrationales Handeln geschaffene objektive Wirklichkeit dem Klimakiller Auto Grenzen setzt, wetteifern Union wie Sozialdemokratie darum, wer besser Marktgesetze besiegen und der Automobilindustrie trotz ihrer offenkundigen Fehlleistungen über Jahrzehnte hin das unverdiente Überleben sichern kann.
Um die Beschäftigten von Opel wie der gesamten Branche geht es ihnen dabei zu allerletzt, auch wenn sie wortreich das Gegenteil beteuern, denn dazu bedürfte es nicht der Aufrechterhaltung eines weit überdimensionierten Industriezweiges, sondern der intelligenten Lenkung der Autowerker in neue, der Umwelt besser dienliche Berufe und Tätigkeiten; dafür wären die Milliarden, die jetzt der Autoindustrie in den Rachen geworfen werden sollen, auf dass sich auch künftig keine Konsequenzen aus ihrem Missmanagement zieht, besser angelegt. Angesichts einer Wirtschaft, die – auch außerhalb des Kfz.-Baus – von Überkapazitäten nur so strotzt, ist es an der Zeit, endlich das Thema Arbeitszeitreduzierung wieder von dem Bann zu befreien, mit dem es die gleichen Leute belegten, die andererseits das freie Spiel der Märkte predigten. Die Mittel dafür sind vorhanden, denn durch die technische Entwicklung der letzten Jahre und den mit ihr einher gehenden Arbeitsplatzabbau wurden riesige Gewinne gemacht, die zunächst einzusetzen sind statt nach dem Staat und damit dem Steuerzahler zu rufen. Schließlich muss ein Hartz-IV-Empfänger auch erst fast alle seine Rücklagen aufbrauchen, ehe er Hilfe erhält.
Dies jedoch spielt weder in den Überlegungen Merkels noch denen Steinmeiers eine Rolle, und sogar die Gewerkschaften stimmen in den Chor der Autoproduzenten-Retter ein. Bei ihnen jedoch ist das angesichts ihrer Verantwortung für die Belegschaften, die im Ernstfall von der Politik kalt fallen gelassen und absehbar auf Hartz IV gestellt würden, noch am ehesten verständlich, wenn auch kurzsichtig. Denn wenn der Bedarf fehlt und eine solche Entwicklung umweltpolitisch zudem vernünftig ist, wirkt jeder eingriff in den Markt kontraproduktiv. Er hält Überlebtes künstlich aufrecht und verhindert damit die Entstehung von Neuem, Zukunftsweisendem. Zum Beispiel neuen Arbeitsplätzen, die zu einer Welt von morgen einen förderlichen und nicht schädigenden Beitrag leisten würden.
Aber die Angst um Arbeitsplätze geht um, und das auch im Auto-Land Hessen, wo im Januar die Bürger erneut zu den Wahlurnen gerufen werden. Man kann sich das politische Szenario daher fast schon ausmalen, daß der weitgehend unbekannte politische Nobody auf seiten der SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, dem mit vermeintlicher Wirtschaftskompetenz (die wohl eher auf intensiv gepflegte persönliche Verbindungen und parteiliche Verflechtungen mit den maßgeblichen Wirtschaftsbossen gegründet ist) und langjähriger politischer Erfahrung ausgestatteten Amtsinhaber Roland Koch klar unterlegen sein wird. Vorsorglich dient sich Schäfer-Gümbel auch schon mal der Koch-CDU als Juniorpartner an.
Dabei hat gerade die vom parteiinternen Dauerquerulanten Wolfgang Clement und den arglistigen „Gewissensrittern“ öffentlichkeitswirksam vernichtend abgestrafte linke Hessen-SPD einiges Neue im Wahlprogramm, was zukunftsträchtiger in derzeitiger krisenhaft angespannter Wirtschaftslage kaum sein könnte. In Krisenzeiten mit labiler Stimmungslage vertrauen die verunsicherten Menschen aber meist eher dem Altbewährten, auch wenn es ursächlich mit zur Misere beigetragen hat: lieber länger arbeiten als kürzer und lieber weitere Subventionen als Neues beginnen. Die beliebte Kanzlerin und ihr netter Außenminister werden „uns“ sicher nicht im Stich lassen und wissen, was zu tun ist.